Keine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten – das Referendum ist lanciert!

In der Maisession 2023 hat das Walliser Parlament in zweiter Lesung die Totalrevision des Gesetzes über die Ladenöffnung (GLÖ) verabschiedet. Mit dem neuen Gesetz müssen die Geschäfte unter der Woche erst um 19 Uhr schliessen (+30 Min.). Zudem können neue Tourismuszonen eingerichtet werden, in denen Geschäfte an 7 Tagen in der Woche bis 21 Uhr geöffnet bleiben dürfen. Das neue GLÖ führt unbestreitbar zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für das Verkaufspersonal – und dies ohne jegliche Kompensation. Am heutigen Tag präsentiert ein breites Bündnis aus Parteien und Gewerkschaften das Referendum gegen diese Verschlechterungen.

Es hat sich abgezeichnet. Leider. Das Walliser Parlament ignoriert mit der Annahme der Revision des Gesetzes über die Ladenöffnung die Bedürfnisse des Verkaufspersonals. Durch die Verlängerung der schon heute (zu) langen Arbeitstage des Verkaufspersonals werden die Arbeitsbedingungen verschlechtert und das Familien- sowie Privatleben von vielen Menschen im Oberwallis angegriffen. Zu viel des Guten, sagen sich die Parteien SP und Grüne sowie die Gewerkschaften Syna und Unia. Sie ergreifen gemeinsam mit weiteren Unterwalliser Parteien und Verbänden das Referendum.

Verschlechterung auf Kosten des Personals

Durch die Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten bis 19 Uhr unter der Woche bedeutet diese Totalrevision eine weitere Verschlechterung für das Verkaufspersonal, zumal es das Parlament unterlassen hat, Bestimmungen für die Öffnungszeiten am Vormittag ins Gesetz aufzunehmen.

«Die zusätzlichen 30 Minuten Öffnungszeiten verursachen nicht nur eine Ausweitung der Arbeitszeiten, sondern verlängern auch den Arbeitstag des Verkaufspersonals erheblich» kritisiert Gianluca Casili Leiter der Gewerkschaft Syna Oberwallis. «Dabei ist die Arbeitszeit nach Ladenschluss noch nicht einmal berücksichtigt.» Zudem werden die in dieser Branche zahlreichen Kurzarbeitsverträge und/oder die ausgedehnten Mittagspausen noch deutlich zunehmen.

Dies ist ein weiterer Affront gegenüber dem Verkaufspersonal, welches zusätzlich bereits unter sehr niedrigen Löhnen leidet. Und es ist auch ein Angriff gegen einen Beruf mit einem hohen Frauenanteil – und somit ein Angriff gegen Frauen.

Vereinbarkeit mit Familienleben stellt eine Schwierigkeit dar

Claudia Alpiger, Präsidentin der SP Oberwallis, reagiert unverständlich auf den Angriff, denn «bereits die heutigen Arbeitszeiten stellen Betroffene vor die grosse Herausforderung, Familie, Gesellschaft und Beruf miteinander zu vereinbaren. Die Ausweitung der Arbeitszeiten wird eine weitere Hürde darstellen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird nahezu verunmöglicht.»

So führt die Ausweitung der Ladenschlusszeiten bis 19 Uhr zum Beispiel zu Problemen bei der Betreuung von Kleinkindern, die in Kinderbetreuungseinrichtungen untergebracht sind, denn diese schliessen meistens bereits bevor die Eltern in der Lage sind, ihre Kinder abzuholen. Da stellt Claudia Alpiger die berechtigte Frage in den Raum: «Für wen machen die politischen Vertreter:innen in Sion eigentlich Politik? Für Arbeitnehmende und Familien offensichtlich nicht.»

Ein weiterer Schritt in Richtung konsumorientierter Gesellschaft

Die Totalrevision ermöglicht die Schaffung neuer Tourismuszonen im Kanton, die für das Personal praktisch rechtsfrei sind, da die Geschäfte dort an sieben Tagen in der Woche, einschliesslich Sonn- und Feiertage, bis 21 Uhr geöffnet sein dürfen. Diese Offensive zur Ausweitung der Ladenöffnungszeiten ist ein weiterer Schritt Richtung Öffnung an sieben Tagen in der Woche und an 24 Stunden am Tag. «Wollen wir wirklich noch mehr Zeit dem Konsum opfern?» fragt Brigitte Wolf, Co-Präsidentin der Grünen Wallis. «Die Ausweitung der Konsummöglichkeiten trägt dazu bei, dass wir uns noch stärker auf materielle Dinge konzentrieren und dabei die eigenen Bedürfnisse und diejenigen anderer vernachlässigen. Mehr Konsum führt – im Gegensatz zu dem, was uns die Werbung verspricht – nicht zu mehr Wohlbefinden in einer Gesellschaft, sondern kann dazu beitragen, dass Zeit und Ressourcen verschwendet werden und die Umweltbelastung zunimmt.»

Die bürgerliche Logik, dass durch die alleinige Flexibilität und ständige Verfügbarkeit eine automatische Umsatzsteigerung resultiert, ist schlichtweg falsch. Bereits heute nutzen die kleinen Geschäfte nicht die ihnen zur Verfügung stehenden Abend- oder Sonntagsverkäufe. Dies aus gutem Grund und entsprechenden Erfahrungswerten. Eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten verteilt lediglich das Konsumverhalten und zielt in erster Linie auf die kleinen Geschäfte ab, welche diesen Druck der grossen Supermärkte bereits heute zu spüren bekommen.

«Mit längeren Ladenöffnungszeiten kann man sich nicht automatisch mehr kaufen, wenn das Geld dafür nicht vorhanden ist» stellt Brigitte Wolf fest und erklärt zugleich: «Wenn das Konsumverhalten oder der Umsatz verändert oder angeregt werden soll, müssten bei den jährlichen Lohnverhandlungen Teuerungsausgleiche inkl. Reallohnerhöhungen eine Selbstverständlichkeit darstellen.» Die Praxis sieht leider anders aus.

Nein zu einer Revision auf dem Rücken des Personals

Für Martin Dremelj der Unia Oberwallis stellt das Referendum ein wichtiges gewerkschaftliches Anliegen dar: «Das Verkaufspersonal leidet bereits heute unter schwierigen Arbeitsbedingungen und erhält wenig Lohn. Zudem nützt das neue Gesetz nur den Supermärkten und schadet sogar den kleinen lokalen Geschäften, weil diese Personell nicht so breit aufgestellt sind. Indem wir uns gegen die GLÖ-Revision wehren, setzen wir uns also sowohl für die Anliegen und den Schutz des Verkaufspersonals als auch für kleine lokale Geschäfte ein.»